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Hütende sein

Aktualisiert: 6. Feb.



Eine neue Zeit braucht neue Begrifflichkeiten. Noch vor einigen Jahren war beispielsweise der Begriff "Klimaaktivistin" als Berufsbezeichnung nicht verbreitet. Jetzt ist diese Bezeichnung in aller Munde.

Eine Hütende zu sein, ist ein solch neuer Begriff.

"Ich bin eine Hütende", möchte ich gerne sagen, wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt, denn in diesem Begriff, dieser Berufung und was sie für mich bedeutet, finde ich mich wieder.

Als Hütende dieses Ortes an dem ich lebe, gehe ich eine tiefe Verbindung mit dem Land ein, mit meinem gesamten Wesen und all meinen Zellen.

Ich lausche den Geschichten, die das Land erzählt und lasse mich davon berühren. Diese Geschichten bringe ich in die Welt, in dem ich sie lebe, sie auf meine Weise sichtbar mache und gemeinsam mit dem Ort erträumen wir ein Leben zum Wohle aller.

Durch diese Verbundenheit mit dem Land, kreiere ich den Raum der Möglichkeiten. Ich halte das unbeschriebene Blatt bereit, damit entstehen kann, was dem Großen Ganzen dient.

Ich wahre den Raum der Möglichkeiten für die Wesen - Tiere, Pflanzen, Menschen, für die Steine und den Boden, für alle sichtbaren und unsichtbaren Wesenheiten - die mit dem Land in Kontakt gehen und gemeinsam das Land sind. Egal, ob dieser Kontakt kürzere oder längere Zeit andauert.

Als Hütende kenne ich die Visionen und Träume des Ortes und bin bereit, mutige Schritte für deren Umsetzung zu gehen, denn Hütende zu sein ist nicht nur ein passiver beobachtender Akt, sondern fordert auch dazu auf, ins Handeln zu kommen: mutig einem unmarkierten Pfad folgen, Neues ausprobieren ohne Erfolgsgarantie, doch mit liebendem Herzen und voller Vertrauen.

Hütende sind leise, sie wirken eher im Stillen und sind gleichzeitig unbeugsam und mutig, wie eine Mutter, die ihren Kindern Schutz gibt und sie auch verteidigen kann. Eine Hütende zu sein, ist eine zutiefst weibliche Energie - nichtsdestotrotz können alle Geschlechter Hütende sein.


Die Verbundenheit mit dem Land beruht auf Gegenseitigkeit: so, wie ich das Land hüte, hütet es auch mich.

Es braucht ein offenes Gewahrsein, eine beobachtende liebevolle Präsenz, um in diese Verbindung zu gehen. Das Nicht-Wissen ist dabei unterstützender als vorgefertigte Meinungen und erlerntes Wissen.

Ich kann diese Verbindung nicht erzwingen: sie passiert, indem ich das Wollen loslasse und meinen Herzraum öffne.

In diesem Raum der Möglichkeiten darf sich zeigen, was sich zeigen will, es gibt kein richtig und kein falsch, deshalb bin ich als Hütende immer wieder dazu aufgerufen, meinungsfrei zu bleiben und das Gewahrsein offen zu halten, dann wird Magie möglich und Heilung passiert.


Die Hütende ist vielleicht die "reife", die erfüllte Version der Aktivistin und ich wünsche mir, eine Welt zu erleben, in der es keine Aktivisten mehr braucht - egal ob Klima- oder Friedensaktivisten. Eine Welt, in der der Wandel vom Aktivismus zum Hüten vollzogen ist.

In dieser jetzigen Wandelzeit braucht es die Hütenden und die Aktivisten gleichermassen.

Durch die lauten Stimmen der Aktivisten hindurch, die den Hütenden den Boden bereiten, mögen nun auch die leisen Stimmen der Hütenden mehr und mehr gehört werden, damit der Wandel vom Aktivismus zur Kunst des Hütens sich vollziehen kann.

Zum Wohle unserer lebendigen Erde und all ihrer Wesen.


Foto: "der Himmel über dem Herzensacker": hier haben wir den Zugang frei geschnitten, so dass der Torweg von unserem Gartenland hinter der Scheune zum Herzensacker nun frei ist. Die beiden Haselsträucher rechts und links sind die Wächterinnen des Weges.

Für den Herzensacker haben wir zur Zeit bei der BVVG einen Pachtvertrag von einem Jahr und den Antrag gestellt, es renaturieren zu dürfen, indem wir Büsche und (Obst-)Bäume pflanzen. Hier darf eine klimaangepasste, "eßbare" Landschaft entstehen, wenn unser Vorhaben von den Behörden bewilligt wird. Von der Einsaat, die wir letzten Herbst auf dem Herzensacker ausgebracht haben, ist Ende Februar erst ein hellgrüner Flaum zu sehen. Vor den Haselsträuchern sind schon Bärlauch und Taglilien eingesetzt.

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