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Patricia Christmann

Der Ruf - und die Dringlichkeit, ihm zu folgen.

Aktualisiert: 27. Sept. 2021



"Alles, was Sie für sich selbst oder andere tun können, jede Nutzung von recycelten oder weggeworfenen Materialien, alles was Sie selbst machen, statt es zu kaufen, was Sie hergeben, statt es zu verkaufen, jede neue Fertigkeit, jedes neue Lied, jede neue Kunst, die sie sich selbst oder jemand anderem beibringen, wird die Herrschaft des Geldes verringern und eine Schenkökonomie fördern, die uns durch den bevorstehenden Wandel tragen wird. Die Welt des Geschenks, aus der Erinnerungen an frühere Gesellschaften nachklingen, das Netz der Ökosysteme und die spirituellen Lehren aller Jahrtausende sind ganz nah bei uns. Wollen wir ihren Ruf beachten, bevor der letzte Rest an Schönheit verbraucht ist?"


Charles Eisenstein, aus "Ökonomie der Verbundenheit"


 

"Wandel" ist das große Thema unserer Zeit.

Nahezu alle Systeme unserer industrialisierten Welt wollen sich wandeln, denn in ihrer alten, jetzigen Form haben sie ausgedient und unseren lebendigen Planeten mehr als überfordert: wenn wir nicht einen erdgeschichtlichen Kollaps riskieren wollen, sollten wir diesen Wandel zulassen und ihn mitgestalten.

Wandel ist die Essenz des Lebendigen: was sich wandelt, bleibt lebendig.


Anstrengend wird es dann, wenn wir uns dagegen wehren und festhalten am Alten. Dieses Festhalten geht mit der Weigerung einher, hinzuspüren und den Ruf hin zum Neuen auch zu hören. So machen wir einfach weiter wie bisher, oftmals aus Angst, das Alte zu verlieren. Nicht zu wissen, wie der Wandel sein wird, läßt uns erstarren, in der Hoffnung, dass die Geschichte irgendwie gut ausgehen wird.

Doch anstatt immer weiterzumachen, ist es wichtig, aus dem Hamsterrad auszusteigen und innezuhalten, denn so paradox es klingen mag: für wahrhaftigen Wandel braucht es das Innehalten. Dieses Innehalten hat jedoch nichts mit Festhalten oder Starre zu tun, sondern mit Hinspüren.


Die gute Nachricht ist: die Phase der Weigerung gehört zum Prozeß des Wandels dazu. Dies beschreibt der Mythenforscher Joseph Campbell: der Held, die Heldin muß, durch innere oder äußere Einflüsse getrieben, aufbrechen, dem "Ruf" folgen und seine/ihre gewohnte Welt verlassen. Campbell belegt in seinem Buch "Der Heros in tausend Gestalten", dass es in nahezu allen Mythen, Märchen, Sagen und Heldengeschichten der Welt, unter anderem die Phase der Weigerung gibt, in der der Held/ die Heldin zögert oder sich sogar weigert dem Ruf zum Abenteuer, also zum Wandel zu folgen.


Gesamtgesellschaftlich stehen wir grade an diesem Punkt der Weigerung.

Auch wenn mittlerweile viele den Ruf zum Wandel immer deutlicher hören, so weigert sich die Mehrzahl der (westlichen) Menschen schlichtweg, ihre alte Welt(sicht) loszulassen, denn loslassen wird nach wie vor mit Verlust assoziiert.

Es stimmt, dass wir uns wahrscheinlich von sehr vielen unserer vermeintlich bequemen (aber oftmals auch krankmachenden) Lebensgewohnheiten und konsumorientierten Handlungsweisen verabschieden müssen und dass uns womöglich ein langer, unbekannter Weg bevorsteht.

Doch dem gegenüber können auch neue Werte stehen: eine neue, geerdete Lebensqualität, ein neues Gemeinschaftsgefühl mit der mehr-als-menschlichen-Gemeinschaft und ein sinnstiftendes Sein in der Welt.

Das Loslassen und das Durchschreiten der Phase der Weigerung ist essentiell, damit überhaupt Neues entstehen kann.

Dass sich grade auch (politische) Entscheidungsträger*innen in ökologischen und sozialen Bereichen so schwer tun mit dem Wandel, macht die Situation nicht grade einfacher.


Kommen wir nicht über die Weigerung hinaus, kann es nicht nur sehr unbequem, sondern auch sehr unangenehm werden: der Ruf wird immer lauter und zwar so laut, dass wir durch seine Nicht-Beachtung immer mehr Leben riskieren: von Pflanzen, Tieren, ganzen Ökosystemen und schließlich auch unser aller Leben.


Eine dankbare Haltung dem Alten gegenüber kann uns darin unterstützen, bewußt loszulassen und uns vertrauensvoll auf das Neue einzustimmen.

Denn wenn unsere Systeme auch einen Wandel brauchen, so haben sie uns doch lange Zeit gedient.


Bei der Heldenreise nach Campbell trifft der Held, die Heldin bei der Weigerung auf ein oder mehrere Mentor*innen, die ihn bzw. sie darin unterstützen, die Weigerung zu überwinden und über die erste Schwelle zu gehen, hinein ins Abenteuer, ins Unbekannte.


Ich wünsche uns, dass wir wieder lernen, bewußte Schritte zu gehen, das Alte zu würdigen und das Neue, von dem wir noch nicht wissen, wie es aussehen wird, einzuladen und ganz konkret am Wandel mitzuwirken.

Und ich wünsche uns, dass wir wahrhaftige Mentor*innen finden - im Inneren wie auch im Außen -, von denen wir uns während dieser Phase des Wandels begleiten und inspirieren lassen.

Damit wir wieder Selbstbestimmung und Eigenmacht lernen und gleichzeitig daran erinnert werden, dass wir die Veranwortung für das kollektive Leben auf unserer lebendigen Erde tragen.









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